Donnerstag, 7. Juli 2011

"Den Saustall ausmisten" - Kommentar von René Staubli im Tages Anzeiger vom 07.07.2011

Wenn die Rechtsberatungsstelle UP für Unfallopfer und Patienten nach dem wegweisenden Bundesgerichtsurteil zu den IV-Verfahren nun den Rücktritt von Yves Rossier verlangt, dem Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV), so zeigt diese Reaktion die Wut, die sich bei den Geschädigtenanwälten angestaut hat Die Wut über das BSV, das jahrelang zugesehen hat, wie sich im Schweizer IV-Gutachtermarkt die Korruption ausbreitete.

Die Rahmenbedingungen hatte das BSV selber geschaffen: 18 medizinische Abklärungsstellen (Medas) erhielten die exklusiven Schürfrechte für die Goldgrube, in der sie jährlich 40 Millionen Franken abholen konnten. Sie wurden nicht nach Leistung bezahlt, sondern pauschal mit 9'000 Franken pro Fall - wer weniger Aufwand betrieb, konnte Umsatz und Gewinn steigern. Eine Basler Medas, die auf ihrer Unabhängigkeit von der Invalidenversicherung beharrte und nicht bereit war, unter Druck ihre Gutachten zu revidieren und berechtigte Rentenansprüche abzuweisen, wurde kurzerhand boykottiert. Das Signal war klar: Wer die IV bei ihren Sparbemühungen unterstützt und restriktiv begutachtet, wird mit zusätzlichen Auftragen belohnt. Wer nicht pariert, geh leer aus.

Dieses System führte dazu, dass Versicherte oberflächlich untersucht und obendrein gedemütigt wurden. Ärzte ohne Berufsausübungsbewilligung erstellten Gutachten, und niemand schritt ein. Gewisse Medas flogen Ärzte aus Deutschland ein, die mit Begutachtungen leicht einen Zusatzverdienst erzielten. Die grösste Schweizer Medas, die ABI GmbH in Basel, besass die Dreistigkeit, dem Bundesgericht interne Fallzahlen zu verweigern, weil man "keinen Jahresbericht verfasse".

Nun ist die Zeit gekommen, den Saustall auszumisten. Medas, die zu 80 bis 100 Prozent von der IV abhängig sind, müssen sich neue wirtschaftliche Standbeine aufbauen, um diese Abhängigkeit zu reduzieren. Die Qualitätskontrolle der Medas kann nicht dem BSV überlassen werden, weil es am nötigen Vertrauen fehlt. Das Bundesamt muss diese Aufgabe an eine neutrale Stelle delegieren oder Versichertenvertretern die Möglichkeit einräumen, sich daran zu beteiligen.

1 Kommentar:

  1. wird höchste zeit,bevor mal der urknall kommt.ich möchte mich noch beim webmaster dieser seite bedanken.danke von herzen für den mut und das sie den behinderten ,kranken,unfallopfern eine stimme geben
    liebe grüsse

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